Das, was die Rohrwölfe im Winter geerntet haben, wächst nun im Frühjahr und Sommer saftig grün wieder nach. Schilf oder auch Schilfrohr genannt ist ein Süßgras und an den Ufern des Neusiedler Sees im wahrsten Sinne des Wortes weit verbreitet. Der Schilfgürtel ist an manchen Stellen einige Kilometer breit. Schilf wächst im Uferbereich oder im seichten stehenden oder leicht fliesenden Wasser. Der schlammige stickstoffhaltige Boden versorgt das schnell wachsende Stück „Rohr“ mit genügend Nährstoffen. Schilf wird hier am Neusiedler See als Dachdeckmaterial und zunehmend auch zur Wärmegewinnung oder auch als Dämmmaterial für Passivhäuser genutzt.
Der Schilfgürtel des Neusiedler Sees ist der zweitgrößte zusammenhängende Schilfbestand Europas. Auf knapp 180 Quadratkilometern finden unzählige Vogelarten einen sicheren Platz zum Verweilen. Wissenswert: Schilf nutzt das Sonnenlicht dreimal intelligenter als vergleichbare Pflanzen, nimmt mehr CO2 auf und gibt mehr Sauerstoff ab.
Schilfrohr wächst in nur sechs Wochen, von April bis Juni 2 m hoch. Der Schilfgürtel besteht praktisch aus einer einzigen Pflanzenart. Da die Blattfläche des Schilfs sechsmal größer ist, als die von der Pflanze eingenommene Wasserfläche, ist das Schilf nur schwer durchdringbar und nur wenige Pflanzen schaffen es, sich im Schatten des Schilfs zu behaupten. Eine gewisse Abwechslung bietet das Wechselspiel zwischen Kanälen und freien Wasserflächen mit Schilfbeständen verschiedenen Alters. Im Schilf sedimentieren in den See eingetragene Nähr- und Schadstoffe, sodass der Schilfgürtel gewissermaßen als natürliche Kläranlage dient. Daraus erklärt sich auch die bräunliche Wasserfärbung und die im Vergleich zum Freiwasserbereich des Neusiedler Sees hohe Sichttiefe. Hier finden organische Abbauprozesse statt und in den geschützten Kanälen kann der Wind das Wasser nicht ständig aufwirbeln.
Der Schilfgürtel bietet Lebensraum für eine Unzahl wirbelloser Tiere, Säugetiere und Vögel. Den meisten Fischarten des Neusiedler Sees dient der Schilfgürtel als Laichplatz.
Aus dem Schilfgürtel haben sich einige Inseln in Ufernähe herausgebildet. Bedingt durch die nordwestliche Luftströmung wächst am Ostufer des Sees wesentlich weniger Schilf als am Westufer.